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Ratgeber zur Stressbewältigung – Teil 8 – Stressoren II

Fortsetzung von „Ratgeber zur Stressbewältigung – Teil 7 – Stressoren

Beruf

„Den größten Fehler, den man im Leben machen kann, ist,
immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen!“
(Dietrich Bonhoeffer, Theologe und Widerstandskämpfer, 1906 – 1945)

Überlastungen im Berufsleben durch Arbeitsmenge, Termindruck und Hektik nehmen Jahr für Jahr besorgniserregend zu. Informations- und Kommunikationstechnologien beschleunigen Arbeitsabläufe und fördern die globale Vernetzung, was wiederum zu höheren Leistungsanforderungen führt. Hinzu kommen Konflikte mit Vorgesetzten, der Konkurrenzdruck unter Kollegen, Rückschläge und Versagensängste. Mobbing am Arbeitsplatz nimmt kontinuierlich zu, selbst Bossing (Mobbing durch Vorgesetzte) ist keine Seltenheit mehr. Viele Berufstätige können ihre Arbeit kaum mehr eigenständig einteilen, häufig bearbeiten sie mehrere Aufgaben gleichzeitig. Dies führt dazu, dass sie nach dem anstrengenden Arbeitstag in ihrer Freizeit nicht abschalten können, um sich zu regenerieren. Zudem müssen sie immer häufiger auch nach Feierabend erreichbar bleiben. Die Folge sind:

• Herz-Kreislauf-Erkrankungen
• Migräne
• Tinnitus
• Rückenbeschwerden
• Depressionen
• Burnout

Die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung durch die Bundesregierung unter etwa 20.000 Beschäftigten finden sich zusammengefasst im Stressreport wieder. Es folgt eine prozentuale Verteilung der von den Befragten bestätigten Stressoren:

Derartige Stress-Faktoren lassen sich in vier Bereiche unterteilen:

Erste präventive Anti-Stress-Maßnahmen obliegen dem Betrieb, denn Mitarbeiter, die sich psychisch wie physisch im Gleichgewicht befinden, sind belastbarer und leistungsfähiger als ihre gestressten Kollegen. Mögliche Stresspuffer sind:

✔ Verringerung der Arbeitsintensität
✔ Gewährleistung regelmäßiger Pausen
✔ Erweiterung von Handlungsspielräumen
✔ Schaffung von Entscheidungsmöglichkeiten/Verantwortungsbereichen
✔ Gewährleistung störungsfreier Arbeitszeiten
✔ Weiterbildungen fördern Selbstverwirklichung und reduzieren Zukunftsängste
✔ Rückmeldungen über Arbeitsqualität
✔ Förderung eines angenehmen Betriebsklimas
✔ Leistungs- und Zielvorgaben auf realistischer Basis
✔ Verbesserung der Kommunikation/Information
✔ Gestaltung einer gesundheitsgerechten Arbeitsumgebung nach Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sowie Bildschirmarbeitsplatzverordnung (BildschArbV)

Doch auch der Betroffene selbst kann sich schützen:

Abwechslungsreicher Arbeitsalltag: Unterschiedliche Arbeitsvorgänge sorgen für Abwechslung und beugen der Ermüdung vor. Wer sich seine Arbeit selbst einteilen kann, sollte Tätigkeiten, die eine hohe Konzentration erfordern, regelmäßig durch kommunikative Tätigkeiten oder Routinearbeiten, die nur wenig Denkarbeit erfordern, unterbrechen.

Biorhythmus: Mit der Tageszeit schwankt auch das Leistungsvermögen. Im Regelfall ist die Leistungsfähigkeit morgens höher als nachmittags – Arbeiten, die eine hohe Aufmerksamkeit erfordern, sollten somit in den Vormittagsbereich gelegt werden.

Vermeidung von Unterbrechungen: Oft kann es schon helfen, Kollegen zu signalisieren, dass Ruhe und ein störungsfreies Arbeiten wichtig für die kommenden Minuten oder Stunden ist. Sicher findet sich auch ein hilfsbereiter Kollege, der sich bereit erklärt, das Telefon für eine gewisse Zeit zu übernehmen.

Ruhezeiten: Frühstücks- bzw. Mittagspausen sollten unbedingt eingehalten werden, damit eine körperliche wie auch psychische Regeneration möglich ist. Auch zwei bis drei Minuten Entspannung zwischendurch begünstigen erhebliche Leistungsverbesserungen.

Zeitplanung: Die tägliche To-do-Liste hilft ebenso, den Überblick über die Wichtigkeit wie auch Dringlichkeit von zu erledigenden Arbeiten zu behalten, wie Wochen- oder Monatspläne. So werden mögliche Stressquellen von Anfang an vermieden.

Allerdings leiden nicht nur Berufstätige unter dem enormen Leistungsdruck. Auch Arbeitslosigkeit und ständige Bewerbungsgespräche wirken belastend, definiert sich der Mensch doch zum großen Teil über den Beruf. Infolgedessen lässt auch das Gefühl, auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft nicht mehr von Nutzen oder Wert zu sein, psychische Erkrankungen wie Depressionen entstehen. So quälen sich einige Bewerber regelrecht von Vorstellungsgespräch zu Vorstellungsgespräch und stellen sich durch ihr hypernervöses Auftreten selbst ein Bein. Sie empfinden das Bewerbungsgespräch nicht als gegenseitiges Kennenlernen, nicht als Möglichkeit, festzustellen, ob Arbeitgeber und Tätigkeitsfeld zu ihnen passen, stattdessen erleben sie jeden Termin als Prüfung, die es unbedingt zu bestehen gilt. Was möchte mein Gegenüber von mir hören? Welche Antwort ist richtig? Wie schaffe ich es, mich „zu verkaufen“?

Tatsächlich prüfen viele Personaler die Stressbelastung des Bewerbers, indem Sie so genannte Stressfragen stellen, über einen längeren Zeitraum schweigen oder sonstige Methoden der Verunsicherung anwenden.

Deshalb gilt es …

… sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen.
… z. B. konkrete Fragen zum Unternehmen zu stellen, dauert das Schweigen länger an.
… sich im Vorfeld Antworten zu möglichen Lücken im Lebenslauf zu überlegen.
… sich von provokativen Aussagen nicht unter Druck setzen zu lassen. Es hilft, derartige Aussagen im Kopf zu Fragen umzuformulieren, auf die ohnehin jeder Bewerber vorbereitet sein sollte. Zum Beispiel:

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie zu uns passen!“
→ „Warum bewerben Sie sich bei uns? Warum sollten wir uns für Sie entscheiden?“

Überraschende Fragen zielen darauf ab, die Motivation und Schlagfertigkeit des Bewerbers auszutesten: „Was würden Sie tun, wenn Sie Superkräfte hätten?“ Meistens kommen die besten Antworten erst nach dem Gespräch und wem partout nichts einfällt, der kann kontern: „Das scheint mir eine Fangfrage zu sein. Ich würde es vorziehen, mit Ihnen noch etwas über die offene Stelle zu sprechen.“

Sich vor Augen zu halten, dass kein Unternehmen Einladungen zu Vorstellungsgesprächen verschickt, wenn der Bewerber nicht interessant zu sein scheint, hilft, gelassen auf Stressfragen und Provokationen zu reagieren. Auch eine intensive Vorbereitung – zum Beispiel im Rollenspiel – vermeidet Stress und unterstützt ein selbstbewusstes Auftreten.